Pfingstmontag 2025 - Die Verträge sind unterzeichnet

Es sind verschiedene Gaben; aber es ist ein Geist. Und es sind verschiedene Ämter; aber es ist ein Herr. Und es sind verschiedene Kräfte; aber es ist ein Gott, der da wirkt alles in allen. Durch einen jeden offenbart sich der Geist zum Nutzen aller.
1. Korinther 12, 4-7

Dieser Text aus dem 1. Korintherbrief wurde von Eva Schröder als Lesung vorgetragen. Könnte es ein besseres Motto geben für das, was wir am Pfingstmontag 2025 für die Zukunft der christlichen Gemeinden in Klarenthal besiegelt haben?

Der Kirchraum im (noch) Evangelischen und zukünftigen Ökumenischen Gemeindezentrum war voll an diesem Tag, katholische und evangelische Christen aus dem gesamten Stadtteil und zahlreiche Gäste, darunter die ehemaligen ev. Pfarrerinnen i.R. Röger und Conrad, die Pfarrer i.R. Fromme und Endter, von katholischer Seite der frühere Gemeindereferent Mockenhaupt und die künftige Ökumenebeauftragte der katholischen Gemeinde, Gemeindereferentin Timpert,  hatten sich eingefunden, um gemeinsam einen ökumenischen Gottesdienst zu feiern und im Anschluss der Unterzeichnung der Verträge zur Gründung des Ökumenischen Gemeindezentrums Klarenthal beizuwohnen.

Der Gottesdienst wurde gestaltet von den beiden Pfarrern Alexander Liermann und Knud W. Schmitt, unterstützt von Mitgliedern beider Gemeinden und musikalisch untermalt von Dr. Kiefer an der Orgel mit seinen Kindern an der Violine. In seiner Predigt fasste Pfarrer Schmitt noch einmal die Entwicklungen zusammen, die zum Verkauf des katholischen Gemeindezentrums St. Klara geführt haben und zitierte den ehemaligen Bischof Dr. Franz Kamphaus, der bereits vor über 20 Jahren davon sprach, dass „unsere Kleider uns zu groß geworden“ sind. Ausdrücklich dankte er Dr. Wolfgang Rollig, der als ehrenamtlicher Gemeindeleiter von St. Klara entscheidenden Anteil daran hatte, dass dem ersten Schock über die unausweichliche Aufgabe des Gemeindezentrums eine positive Ausrichtung nach vorn folgte, die schließlich in die konkrete Planung und Umsetzung des neuen Ökumenischen Gemeindezentrums mündete. Nicht zu unterschätzen sei auch die Unterstützung der „Kirchenoberen“ beider Konfessionen, die das Projekt wohlwollend und konstruktiv begleitet haben. Abschließend griff Pfr. Schmitt den Satz von Augustinus auf, den die beiden Gemeinden über ihr Vorhaben gestellt haben: „In den großen Dingen Einheit, in den kleinen Freiheit, in allem aber die Liebe.“  Dieser Satz soll Richtschnur sein, um künftig neues Terrain zu erobern und sich auch von Rückschlägen nicht entmutigen zu lassen.

Auch in den Grußworten von Frau Dekanin Arami Neumann, des Mitglieds der Katholischen Regionalleitung Jürgen Otto und des Klarenthaler Ortsvorstehers Michael Koch wurde der Mut der beiden Gemeinden, neue Wege zu beschreiten und Gemeinsames über Trennendes zu stellen, hervorgehoben und gewürdigt. Dekanin Neumann betonte in ihrer Ansprache, dass das, was uns heute neu und außerordentlich erscheint, im Grunde etwas Selbstverständliches ist, weil das Teilen schon in den urchristlichen Gemeinden ein wesentliches Element des gemeinsamen Lebens darstellte. Jürgen Otto verglich unser Projekt mit einer WG, die, manchmal aus der Not geboren, doch zu einer Bereicherung für alle Bewohner werden kann – auch wenn es gelegentlich Differenzen darüber gibt, wer die Küche aufräumt. Die Hoffnung auf ein gutes Gelingen symbolisieren Lichter aus Bethlehem zum Mitnehmen für alle Gottesdienstbesucher.  Michael Koch unterstrich die Bedeutung eines christlichen Zentrums für Klarenthal. Assistiert von seiner Ehefrau berichtete er von den Erfahrungen in seiner gemischt-konfessionellen Ehe und überreichte einen „Notfallkoffer“ mit nützlichen Dingen für alle Fälle, vom Beruhigungstee über einen Baukasten für kreative Ideen bis hin zu Taschentüchern zum Tränentrocknen.

Foto W. Rollig

Nun war der Moment der Vertragsunterzeichnung gekommen: Je zwei Vertreterinnen und Vertreter der Kath. Kirchortgemeinde St. Klara, der Ev. Kirchengemeinde Klarenthal und der Ev. Gesamtgemeinde Wiesbaden nahmen am vorbereiteten Tisch Platz und unterzeichneten die Verträge, die die künftige Hausgemeinschaft der beiden christlichen Gemeinden Klarenthals unter einem gemeinsamen Dach regeln. Wie Dr. Rollig während der Unterschriftenzeremonie erläuterte, handelt es sich zum einen um einen Mietvertrag, der die Kirchortgemeinde St. Klara als gleichberechtigte Mieterin des Gemeindezentrums aufnimmt, zum anderen um einen Vertrag zwischen den beiden Gemeinden, in dem wichtige Punkte des künftigen Zusammenlebens unter einem Dach geregelt sind. Er gab auch einen kurzen Ausblick, wie es künftig im gemeinsamen Gemeindezentrum aussehen wird, welche Dinge die Katholiken mitbringen und wo diese ihren Platz finden werden. Vorgesehen ist, den Umzug mit einer feierlichen Prozession von St. Klara zum dann Ökumenischen Gemeindezentrum zu realisieren. Noch steht der Termin nicht fest, doch schon jetzt arbeiten wir gemeinsam weiter daran, dass unser „Leuchtturmprojekt“ Ökumenisches Gemeindezentrum Klarenthal ein Erfolg wird.

Beim anschließenden Empfang mit Sekt und einem kleinen Imbiss wurden im Foyer des Gemeindezentrums in ungezwungener Atmosphäre bestehende Bande zwischen den Konfessionen vertieft, neue Kontakte – auch über die Gemeinden hinaus – geknüpft und Pläne für künftige gemeinsame Aktivitäten geschmiedet. Freudige Erwartung und Zuversicht im Hinblick auf das Kommende prägten die gesamte Veranstaltung, doch dürfen wir auch nicht vergessen, dass viele Katholiken die bevorstehende Veränderung als schmerzhaften Verlust erleben. Lassen Sie uns den Brüdern und Schwestern dabei helfen, die Trauer und den Schmerz zu überwinden und sich im gemeinsamen Haus willkommen und schließlich wirklich „zuhause“ zu fühlen!


Klarenthals Ökumene wird zu einer Hausgemeinschaft

Am Anfang der evangelisch-katholischen Freundschaft – oder kirchlich gesprochen: Geschwisterlichkeit – stehen zwei zum Verwechseln ähnliche Pfarrernamen. Der eine hieß Pfr. Welzel und der andere hieß Pfr. Wenzel. Dass die Namen der Pfarrer, die die Gemeindearbeit in Klarenthal zusammen mit ihren Ehrenamtlichen begründeten, so nah beieinander waren, das ist ein gutes Omen für alles, was danach kam, gewesen.

Jahrzehntelang, die ganzen 70er, 80er, 90er und 2000er Jahre lang fühlten sich katholische und evangelische Christinnen und Christen verbunden. Sie feierten gemeinsam einzelne Gottesdienste, sie feierten aber vor allem Feste miteinander und musizierten gemeinsam und sangen miteinander. Und die Fastnacht war ein gemeinsamer Höhepunkt des Jahres. Manche Familien konnte man nur schwerlich ausschließlich der einen oder der anderen Gemeinde zuordnen, so „lebten und webten“ sie über ihre Grenzen hinaus bei den anderen mit.

Aber spätestens ab den 2000er Jahren wurde die katholische Kirche zu einer Kirche mit immer weniger Pfarrern, Gemeinde- und Pastoralreferenten und -Referentinnen. Pfr. Welzel war schon der letzte katholische Pfarrer für Klarenthal. Am Ende zweier Jahrzehnte unaufhaltsamer Schrumpfungsprozesse gibt es in Wiesbaden noch drei katholische (Groß-)Gemeinden. Klarenthal blieb immerhin als Kirchort erhalten, und daran hatte Dr. Wolfgang Rollig großen Anteil, der als ehrenamtlicher Leiter viele wesentliche Aufgaben der hauptamtlichen Vorgänger übernahm.

Und seit ca. 3 Jahren hat ein ähnlicher Schrumpfungs- und Konzentrationsvorgang auch die evangelische Kirche in Wiesbaden erfasst. Er nennt sich „EKHN 2030“, d.h. „Evang. Kirche in Hessen und Nassau im Jahr 2030“. Auch hier ähnelt sich das Schicksal der Gemeinden Klarenthals mit dem Unterschied, dass Pfr. Liermann bis auf Weiteres noch Pfarrer für Klarenthal bleiben wird.

Als klar wurde, dass sich die katholische (Groß-)Gemeinde St. Peter und Paul, zu der St. Klara gehört, mit dem Gedanken trug, das Gemeindezentrum St. Klara zu verkaufen, wurde etwas Neues in Gang gesetzt. Im Sommer 2023 unterzeichneten beide Gemeinden eine Absichtserklärung, die besagt, dass die katholische Gemeinde sich mit der evangelischen das jetzige evangelische Gemeindezentrum künftig teilen will. Es würde dann den Namen „Ökumenisches Gemeindezentrum Klarenthal“ tragen.

In diesem Frühjahr hat vorausschauender Weise eine kleine Gruppe in Verwaltungs- und Rechtsfragen erfahrener, kirchenverbundener Ehrenamtlicher unter der Leitung von Detlef Grohmann (Evang. Kirchenvorstandsvorsitzender) und Dr. Wolfgang Rollig, Pfr. Schmitt (kath.) und Pfr. Liermann (evang.) einen Vertrag über eine solche Zusammenlegung erarbeitet. Wenig später wurde bekannt, dass die Stadt Wiesbaden die Immobilie „St. Klara“ sehr bald kaufen wird! Das war der Moment, welcher…!

Die Repräsentanten beider Gemeinden werden am Pfingstmontag nach einem festlichen Gottesdienst diesen neuen Vertrag über die Zusammenarbeit unter einem gemeinsamen Dach in Anwesenheit vieler Gäste unterschreiben. Damit beginnt noch einmal ein ganz neues Kapitel der Klarenthaler Kirchengeschichte!  Dieses erste „Ökumenische Gemeindezentrum“ Wiesbadens und des katholischen Bistums Limburg wird zwar ein Ort evangelischen Gemeindelebens bleiben, aber gleichzeitig auch zu einem Ort katholischen Gemeindelebens werden. Wir werden uns als Gemeinden dabei ständig begegnen und bereichern - viel häufiger und näher noch als bisher. Dabei möge uns Gott mit seinem Heiligen Geist immer wieder Rückenwind verleihen!